Was ist die Seele eines Menschen?
Einige Wissenschaftler behaupten, das Wort "Seele" sei nur ein alltagssprachliches Äquivalent für die Vielfalt psychischer Prozesse, die unser Verhalten weitgehend unbewusst steuern. Viele bedeutende Mystiker und auch TiefenPsychologen wie C.G. Jung, gehen jedoch davon aus, dass jeder Menschen von Geburt an einen "Seelenkern", ein Seelen-Ich bzw. eine Ich-Seele hat.
Da das Seelen-Ich in jenen universellen Feldern wurzelt, auf welche auch die moderne Physik zwar hinweist (siehe z.B. hier), die jedoch mit den Mittel moderner Wissenschaft nur beschränkt analysierbar sind, tendieren moderne Kulturen dazu die Seele zu vernachlässigen. Denn das Seelen-Ich hat auch eine eher leise innere Stimme und wird daher oft von den lauteren Einflüssen der äußeren Welt übertönt. Doch im Laufe der individuellen Entwicklung kann der Seelenkern des Menschen seiner selbst bewusst und damit stärker werden.
Im Zuge dieser seelischen "Individuation" wird der Mensch tendenziell dazu fähig, seine ihn ansonsten tatsächlich recht unbewusst steuernden biologischen und sozialen Impulse zu integrieren und mit einem für sich gefundenen Lebenssinn zu verbinden. Das wiederum gelingt um so besser, je intensiver man seinen persönlichen Lebenssinn mit den universellen Grundwerten des Wahren, Guten und Schönen integriert.
Der Psychologie der letzten Jahrzehnte kam dieser von C.G.Jung u.a. erkannte Zusammenhang zwischen Seele und Welt leider weitgehend wieder abhanden. Doch seit einiger Zeit gibt es verschiedene,
bisher vor allem aus den USA kommende philosophische und psychologische Strömungen, welche mit dem Begriff des "Evolutionären Selbst" eine Art moderner Rekonstruktion des alten Begriffs der Seele
anstreben. Mehr dazu siehe bei "Evolutionäres Selbst"
Die alten indischen Lehren gingen mit Ausnahme der materialistischen (nāstika) und des Buddhismus davon aus, dass der menschliche Körper von einer Vitalseele (jīva, wörtlich „Leben“, „Lebewesen“) beseelt wird, die zugleich Träger des individuellen Selbstbewusstseins (Ich-Seele) ist.
Ein wesentlicher Unterschied zu den in der westlichen Philosophie zu findenden Seelenauffassungen platonischen oder christlichen Ursprungs besteht darin, dass in einem großen Teil der indischen Lehren die individuelle Seele nicht als ewig betrachtet wird. Oft wird angenommen, dass sie sich eines Tages in einer übergeordneten, unpersönlichen metaphysischen Realität (Brahman) auflösen wird, mit der sie wesensgleich ist. Dieser Auffassung zufolge hat sie sich einst vom umfassenden Dasein des Brahman getrennt oder in die Illusion begeben, es gebe eine solche Trennung. Je mehr sie diese Illusion der Trennung wieder aufhebt, desto stärker wird das Potenzial der Ich-Seele.